Theater Stadthalle

Liebe Theater- und Musikfreunde,

es ist zweifelsohne eine Zäsur, wenn wir nach über 63 Jahren und fast 700 Vorstellungen in dieser Saison mit dem Theater von der Stadthalle in das Stadtforum umziehen. Damit geht eine Ära zu Ende, in der zeitweise über 1.000 Abonnenten die seinerzeit modernste Mehrzweckhalle weit und breit bevölkerten, um die Größen des deutschen Schauspiels – von Josef Meinrad über Elisabeth Flickenschildt bis Götz George – zu erleben. „Theater, das ist für uns Anschluss an die Welt“, hieß es damals in einem Programmheft. Und in der Tat ist es über viele Jahrzehnte gelungen, mit einem anspruchsvollen Spielplan und herausragenden Inszenierungen die große Kulturwelt nach Saulgau zu lotsen.

Nachdem in den vergangenen drei Jahren insbesondere Corona, aber auch andere Krisen und Katastrophen ihre Spuren auch im Kulturbetrieb hinterlassen haben, bin ich sehr dankbar, dass wir mit dem Stadtforum ein Haus haben, in dem das Theater eine zeitgemäße, neue Heimat finden kann. Natürlich ist ein Abschied von der Stadthalle nach so langer Zeit auch mit Wehmut verbunden, aber im kompakteren, intimeren Ambiente des Stadtforums ergeben sich gerade für das Theater neu Perspektiven und noch intensivere und dichtere Erlebnisse.

Ich freue mich, dass wir mit einem attraktiven Spielplan aus Komödien, Dramen und musikalischen Stücken wieder eine abwechs¬lungsreiche und spannende Spielzeit 2023/24 erwarten dürfen. Es gibt nicht nur ein Wiedersehen mit dem grandiosen Peter Bause in Thomas Bernhards legendärem „Theatermacher“, sondern auch mit Jörg Schüttauf, der letztes Jahr Corona bedingt nicht spielen konnte. Dazu aktuelle Zeitstücke zu brisanten Themen aus Politik und Gesellschaft. Der Anspruch von einst, mit dem Theater „Anschluss an die Welt“ zu erhalten, gilt auch heute noch. Hier werden weiter Fragen diskutiert, die uns alle angehen.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und Freude in der Saison 2023/24,
Ihr

Andreas Ruess

Programm Spielzeit 2023/24

Sonntag, 1. Oktober 2023 - Alles was sie wollen

Sonntag, 1.10.2023, 19.30 Uhr, Stadtforum
Alles was sie wollen
Komödie von M. Delaporte und A. de La Petellière
Komödie am Kurfürstendamm

Mit Herbert Herrmann und Nora von Collande
Regie: Herbert Herrmann

Lucie, eine erfolgreiche Theaterautorin, hat eine Schreibblockade. Bisher lieferte ihr missglücktes und chaotisches Privatleben den Stoff für ihre Stücke, doch jetzt ist sie glücklich und jegliche Inspiration zum Schreiben fehlt – das Papier bleibt weiß. Wenn irgendjemand sie doch nur ein bisschen unglücklich machen könnte ...
Das Leben meint es gut mit ihr und eine defekte Badewanne führt zu einer Begegnung mit Thomas, ihrem Nachbarn. Beide könnten unterschiedlicher nicht sein: Sie rastlos und selbstbezogen, er in sich ruhend, ein bisschen schwerfällig. Dennoch kommen die beiden einander näher und entwickeln einen gewagten Plan, um Lucies Kreativität wiederzubeleben.
Die beiden Autoren haben mit „Der Vorname“ und „Das Abschiedsdinner“ gezeigt, dass sie Meister der treffsicheren Pointe sind.
Herbert Herrmann und Nora von Collande sind seit Jahrzehnten regelrechte Institutionen der deutschen Theater- und Fernsehlandschaft. Herrmann hat schon mit Lilli Palmer, Bernhard Minetti, Werner Hinz und Gustav Knuth auf der Bühne gestanden hat; Nora von Collande spielte in unzähligen TV-Produktionen wie „Tatort“, „Praxis Bülowbogen“, „Marienhof“, „SOKO“ und in der Serie „Forsthaus Falkenau“.


Foto: Franziska Strauss
Foto: Franziska Strauss
 

Samstag, 28. Oktober 2023 - Die Laborantin

Samstag, 28. Oktober 2023, 19.30 Uhr, Stadtforum
Die Laborantin
Schauspiel von Ella Road
Landgraf (Hamburger Kammerspiele)

Mit Julia Berchtold, Lilli Fichtner, Flavio Kiener, Alexander Klages
Regie: Sewan Latchinian

Mit ihrem ersten Theaterstück gelang der britischen Autorin Ella Road 2019 ein kleines Meisterwerk! Es wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt, in Deutschland gehört diese schonungslose Zukunftsvision zu den meistgespielten aktuellen Theatertexten.
Bea arbeitet als Laborantin in einer großen Klinik. Dort untersucht sie Blutproben auf Gendefekte, Erbkrankheiten und die Wahrscheinlichkeit, psychisch oder körperlich zu erkranken. Aus den komplizierten Ergebnissen dieser Tests wird für jeden Menschen ein Gesamtwert auf einer Skala von eins bis zehn errechnet. Was zunächst als Fortschritt für die individuelle Gesundheitsvorsorge gedacht ist, wirkt sich schnell auf alle Lebensbereiche aus: bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz, bei der Kreditvergabe, in der Liebe und bei der Familienplanung – nichts geht mehr ohne ein gutes Rating.
Mit Werten von 7,1 und sensationellen 8,9 stehen Bea und ihrem Freund Aaron alle Türen offen. Als ihre Freundin Char jedoch auf 2,0 getestet wird, hilft Bea ihr, das Ergebnis heimlich zu verändern. Aus dem Freundschaftsdienst entwickelt sich schnell ein lukrativer, aber sehr riskanter Nebenerwerb. Doch nicht nur Bea hat ein Geheimnis, auch Aaron verbirgt ihr etwas …
Das Stück ist eine ungewöhnliche Mischung aus Liebesgeschichte und gesellschaftskritischem Krimi mit Jungstar Lilli Fichtner (bekannt aus den Filmen „Gladbeck“, „Babylon Berlin“ oder „Lieber Thomas“) in der Hauptrolle.

Foto: Bo Lahola
Foto: Bo Lahola
 

Freitag, 1. Dezember 2023 - Die Niere

Freitag, 1. Dezember 2023, 19.30 Uhr
Stadtforum
Die Niere
Komödie von Stefan Vögel
Badische Landesbühne Bruchsal

Mit Marcus Hennes und Evelyn Nagel u.a.
Regie: Fabian Alder

Nach einer gemeinsamen Vorsorgeuntersuchung kommen Arnold, ein erfolgreicher Architekt, und seine Ehefrau Kathrin nach Hause. Er ist kerngesund, doch bei ihr wurde ein Nierenleiden festgestellt, weswegen sie eine Spenderniere braucht. Was nun? Die beiden erwarten jeden Augenblick Besuch von ihren Freunden Diana und Götz, mit denen sie einen sensationellen Auftrag feiern wollen, den Arnold an Land gezogen hat. Doch nun steht die Frage im Raum: Ist Arnold bereit, seiner Frau eine Niere zu spenden? Er ist überfordert und zögert – umso mehr Überraschung löst sein Freund Götz bei allen Beteiligten aus: Er hat die passende Blutgruppe und bietet sofort an, eine Niere für Kathrin zu spenden.
Nun bricht ein regelrechter Kampf um die Niere aus. Sowohl Diana, Götz` Ehefrau als auch Arnold fühlen sich übergangen. Sind die Ehen der beiden Paare wirklich so in Ordnung, wie sie bislang schienen? Die Niere deckt so manch verborgene Herzensangelegenheiten auf.
Stefan Vögel, einer der derzeit erfolgreichsten Komödienautoren (2013 „Altweiberfrühling“ mit Ellen Schwiers; 2014 „Bella Donna“ mit Katerina Jacob), hat ein Stück geschrieben, das nicht an die Nieren, sondern ans Herz geht. Seine Ping-Pong-Dialoge werfen die Frage auf, woran sich eine Liebesbeziehung misst und was man bereit ist, für seinen Partner zu tun.
Die WELT schrieb über den aus Bludenz stammenden Autor: „Es gibt ihn tatsächlich! Den jungen, deutschsprachigen Komödienschreiber, der alle dramaturgischen, psychologischen und komödiantischen Regeln beherrscht. Stefan Vögel (...) ist ein Ass in der pointierten Dialogführung ohne billigen Jokus.“

Foto: Manuel Wagner
Foto: Manuel Wagner
 

Donnerstag, 18. Januar 2024 - Der Theatermacher

Donnerstag, 18. Januar 2024, 19.30 Uhr, Stadtforum
Der Theatermacher
Stück von Thomas Bernhard
Hamburger Kammerspiele

Mit Peter Bause u.a.
Regie: Axel Schneider

An Thomas Bernhard (1931-1989) scheiden sich die Geister. Von den einen als Heiliger verehrt, gilt der Büchner-Preisträger anderen als „Nestbeschmutzer“, der in seinen Texten kein gutes Haar an Österreichs Kultur und Geschichte lässt.
Sein „Theatermacher“, ein verhinderter philosophierender Weltverbesserer, zieht mit einem selbstverfassten Stück namens „Das Rad der Geschichte“ und seiner unfähigen Truppe durch die dörflichen Wirtshaussäle. Im Tanzsaal des „Schwarzen Hirschen“ (eine Anspielugn auf den schimpft der Grantler unablässig vor sich hin und lässt an nichts und niemandem ein gutes Haar: Ob Österreicher („An diesem Volk ist nicht das geringste mehr liebenswürdig“) oder Ehefrau („der einzige Reiz an dir ist der Hustenreiz“), ob Schauspieler oder Feuerwehr: Jeder bekommt sein Fett ab, und der Theatermacher mit seinem verbissenem Perfektionszwang fördert dabei so manch dunkle Seite der österreichischen Befindlichkeit zu Tage.
Der zugleich unerträgliche und unwiderstehlich komische Theatermacher ist eine der bekanntesten und beliebtesten Figuren Thomas Bernhards. Die Rolle: Ein Fest für einen Vollblutschauspieler wie Peter Bause!

Foto: Sturm Portraits
Foto: Sturm Portraits
 

Freitag, 16. Februar 2024 - Das Ende des Regens

Freitag, 16. Februar 2024, 19.30 Uhr, Stadtforum
Das Ende des Regens
Schauspiel von Andrew Bovell
Badische Landesbühne Bruchsal

Regie: Wolf E. Rahlfs

„Das Ende des Regens“ ist eine Generationen überdauernde und Kontinente umspannende Familientragödie, die 1960 in London ihren Anfang nimmt und 2039 in Australien endet. Zwei Familien stehen im Zentrum dieser Geschichten, in denen es um Schuld, Schweigen und Tod geht, um Schicksale, die wie ein Fluch über den Familien liegen und die massive Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen haben.
Die Geschichten werden nicht chronologisch erzählt, es gibt rück- und vorausblickende Episoden. An den verschiedensten Orten der Welt wird ein verzweigtes Geflecht emotionaler Bindungen ausgebreitet, das in der Begegnung zweier junger Menschen mitten in der australischen Wüste seinen tragischen Höhepunkt findet.
Der australische Autor Andrew Bovell („Dinge, die ich sicher weiß“, Saison 2022/23) wurde 2010 mit „Das Ende des Regens“ international bekannt. Das Stück ist eine große, 80 Jahre umspannende Familiensaga. Ein Stück über Familienbande, die Einsamkeit und Sehnsucht nach Liebe in einer globalisierten Welt. Bovell erzählt von Einsamkeit, Verbrechen und Verlust, aber auch von Liebe und Versöhnung vor dem Hintergrund einer von Naturkatastrophen heimgesuchten Erde.

Foto: Manuel Wagner
Foto: Manuel Wagner
 

Samstag, 9. März 2024 - Der Mönch mit der Klatsche

Samstag, 9. März 2024, 19.30 Uhr, Stadtforum
Der Mönch mit der Klatsche
Krimi-Komödie frei nach Edgar Wallace von Stefan Keim
Thespiskarren

Mit Michaela Schaffrath und Stefan Keim
Regie: Horst Johanning

Ein Desaster (wie es so ähnlich 1964 in Saulgau bei der Aufführung „Von Mäusen und Menschen“ stattgefunden hat) bahnt sich an: Das Theater ist voll, aber das gesamte Ensemble steckt samt Bühnenbild im Stau. Die Vorstellung des Gruselschockers „Der Mönch mit der Klatsche“ droht zu platzen. Nur die Regieassistentin und der Requisiteur sind im eigenen Auto vorausgefahren und pünktlich vor Ort. Was tun? Ausgestattet mit ein paar Kostümen und spärlichen Requisiten tasten sie sich an die Figuren heran. In wilder Improvisation springen sie von Rolle zu Rolle und zaubern eine überdreht irrwitzige und rasant komische Krimishow auf die Bühne, die immer haarscharf am Scheitern entlangschrammt.
Ein wunderbarer Thriller-Spaß mit Nostalgieeffekt: Es gibt wahnsinnige Mörder, einen skurrilen Butler, eine Jungfer in Nöten und einen liebenswerten, aber schusseligen Ermittler von Scotland Yard. „Der Mönch mit der Klatsche“ ist eine liebevolle Erinnerung an die gruselig-charmanten Wallace-Filme aus den sechziger Jahren. Und zugleich eine rasante Komödie von heute, mit zwei Darstellern, die um ihr Überleben spielen.
Autor Stefan Keim ist Kulturjournalist, Kabarettist und Moderator. Er wurde bekannt insbesondere durch seine Tätigkeit für den WDR, Deutschlandradio und Welt am Sonntag. Regelmäßig steht er mit seinen Kabarettprogramm sowie in seiner Paraderolle als Heinz Erhardt auf der Bühne.

Foto: Stefan Keim / Michaela Schaffrath
Foto: Stefan Keim / Michaela Schaffrath
 

Freitag, 12. April 2024 - Kitzeleien - Der Tanz der Wut

Freitag, 12. April 2024, 19.30 Uhr, Stadtforum
Kitzeleien – Der Tanz der Wut
Schauspiel von Andréa Bescond
Kulturbühne Spagat München

Mit Lucca Züchner
Regie: Thorsten Krohn

Vom Publikum mit Standing Ovations bedacht, von der Kritik mit Lorbeeren versehen und von der Fachwelt vierfach preisgekrönt: Ein virtuoses Solo von Lucca Züchner, die sämtliche Register ihres Könnens zieht. Mit ihren darstellerischen Qualitäten kann sie vom Komödiantischen bis zum Abgründigen mühelos in alle 12 Figuren schlüpfen und brilliert obendrein in Tanzsequenzen vom klassischen Ballet bis zum effekthaschenden Musical. Die feinsinnige Regie bringt die Hauptfigur des Stücks zur maximalen Entfaltung.

Unter der so leichtfüßig-charmant und humorvoll erzählten Lebensgeschichte der begabten Tänzerin Odette nämlich brodelt es gewaltig, denn die Zuwendung eines lieben Freunds der Familie hat sich schnell von ersten Übergriffigkeiten („Kitzeleien“) zum handfesten Missbrauch entwickelt. Nach Einschüchterung und Sprachlosigkeit wird für Odette das Tanzen zum Ventil, zur Seelenrettung, was ihr schließlich die Kraft verleiht, ihre Stimme zu erheben, das stets vertuschte Geschehen öffentlich zu machen und die zweifelhaften Rollen aller Beteiligten aufzuarbeiten und offenzulegen.

“Fulminantes Solo”
Süddeutsche Zeitung

“Für eineinhalb Stunden erlebt man, wie wichtig und aufregend echtes Theater ist.”
Egbert Tholl, Süddeutsche Zeitung

Foto: Cordula Treml
Foto: Cordula Treml
 

Samstag, 27. April 2024 - Der Boandlkramer und die ewige Liebe

Samstag, 27. April 2024, 19.30 Uhr, Stadtforum
Der Boandlkramer und die ewige Liebe
Komödie von U. Limmer, Marcus H. Rosenmüller und Michael Bully Herbig
Bühnenfassung: Marcus Gruber
Württembergische Landesbühne Esslingen

Mit Christian A. Koch, Oliver Moumouris, Cathrin Zellmer u.a.
Regie: Christoph Biermeier

Der „Boandlkramer“ ist sozusagen die Fortsetzung des Brandner Kaspar. Dieser Sensenmann hat nur einen einzigen Auftrag: Er muss die Seelen, deren Zeit abgelaufen ist, in den Himmel, aber auch in die Hölle bringen. Dies ist seine Bestimmung. Ohne den Tod würde die Welt aus den Fugen geraten; zwischen Himmel und Hölle würde die Welt im Chaos versinken. Doch nun passiert etwas Außergewöhnliches: Der Boandlkramer wird, zum ersten Mal seit tausenden von Jahren, von Amors Pfeil getroffen. Als er die Gefi erblickt, ist es um ihn geschehen – der Tod hat sich unsterblich verliebt! Der liebestrunkene Boandlkramer lässt sich auf einen mehr oder weniger klugen Deal mit dem Teufel ein und bringt dadurch nicht nur den göttlichen Plan durcheinander – es droht das absolute Chaos!
Nach dem Film von Joseph Vilsmaier mit Michael Bully Herbig und Hape Kerkeling.
Regisseur Christoph Biermeier (2013 Brandner Kaspar; SHA). Mit Musik.

Foto: Patrick Pfeiffer
Foto: Patrick Pfeiffer
 

Eine kleine Saulgauer Theatergeschichte

2019 - 60 Jahre Stadthalle

Nach heftigen kommunalpolitischen Diskussionen im Vorfeld und erheblichen Schwierigkeiten, die einen mehrjährigen Baustopp beinhalteten, wurde am 21. November 1959, die neue Saulgauer Stadthalle in der Schützenstraße eröffnet. Zunächst für den Sportbetrieb, im Jahr darauf dann auch für das Theater, das bis dahin seine Heimat im alten Festsaal hatte. Dort hatte die Geschäftsführung der „Fähre“ schon 1950 begonnen, unter erschwerten Bedingungen – im Winter war der Saal kaum beheizt, die Garderoben der Schaupeiler waren im Kohlenkeller – einen anspruchsvollen Theaterbetrieb aufzubauen, der mit der neuen Stadthalle bald auf ganz Oberschwaben ausstrahlen sollte.

„Das Theater ist für uns geistig das Gleiche, was Straßen und Eisenbahnen für unsere Wirtschaft darstellen, nämlich Anschluss an die Welt.“ Mit diesen Worten aus dem Spielplan von 1961/62 wird kühn vorweggenommen, was 60 Jahre Theater in der Stadthalle im Rückblick nur bestätigen: Durch die neue Stadthalle hat das kulturelle Leben Saulgaus einen solch ungeheuren Aufschwung genommen, dass die Stadt tatsächlich auf ein Mal die große Welt zu Gast in ihren Mauern hatte. Mit Gastspielen des Burgtheaters Wien, des Renaissance-Theaters Berlin oder des Theaters in der Josefstadt Wien kamen erstklassige Bühnen in die oberschwäbische Provinz und mit ihnen eine Schauspielerriege, die heute nur noch in den Metropolen zu sehen wäre: Josef Meinrad, Helmut Qualtinger, Attila Hörbiger, Elisabeth Flickenschildt, Mario Adorf, Götz George, Liselotte Pulver, Bernhard Minetti, Maria Schell und viele andere spielten hier unter so berühmten Regisseuren wie Otto Schenk, Hans Günter Heyme oder August Everding. Das war nach dem kulturellen Kahlschlag im Nationalsozialismus und den kargen 1950er Jahren in der Tat ein „Anschluss an die Welt“, wie es die Verantwortlichen damals wohl selbst kaum für möglich gehalten hatten.

Ministerpräsident Kiesinger, Bürgermeister Drescher, 11.3.1960 
Ministerpräsident Kiesinger, Bürgermeister Drescher, 11.3.1960
Stadthalle, 1960
Stadthalle, 1960
 

Angefangen hatte es am 11. März 1960 mit einer Aufführung von Carl Maria von Webers „Freischütz“, zu der sogar Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger anreiste. Schon Wochen vorher war die Stadthalle mit ihren 1000 Plätzen völlig ausverkauft, und „in den Friseurgeschäften und bei den Schneiderinnen herrschte vorfestlicher Hochbetrieb.“ Mit Bravour hat die neue Stadthalle mit modernster Technik, versenkbarem Orchestergraben und ausfahrbarer Bestuhlung ihre Feuerprobe bestanden. Sie stieß landauf, landab auf ein solches Interesse, dass anschließend Heerscharen von Delegationen aus Städten bis hin nach Bruchsal, Leonberg, Mannheim und Offenbach die Halle besichtigten.

Nachdem im August dann das „Fest der guten Laune“ mit Bill Ramsey und Robert Blanco gefeiert war, wurde eine Theatergemeinde gegründet, die bald auf ein überwältigendes Interesse stieß: Mit 640 Abonnenten und 130 Schülerabos ging es in die Saison 1962/63. Zwei Jahre später waren die Abonnements schon so gefragt, dass es gerade noch 45 Plätze im Freien Verkauf gab, und 1968/69 waren gar alle 1005 Plätze mit Abonnenten belegt. Nicht selten hatte eine Theatersaison damals bis zu 14 Aufführungen, teilweise mit nur einer Woche Abstand – heute kaum mehr vorstellbar. In einer Zeit, in der das Fernsehen gerade erst laufen lernte und kaum kommerzielle oder sonstige kulturelle Angebote lockten, als ganze Schulklassen noch geschlossen ein Abonnement hatten, war das Theater die Attraktion schlechthin nicht nur für das Saulgauer Bildungsbürgertum!

Spitzenreiter der gespielten Autoren ist William Shakespeare, von dem sage und schreibe 24 Stücke aufgeführt wurden. Deutlich abgeschlagen folgen Brecht und Schiller (je 14), Molière (11) sowie Dürrenmatt, Frisch und Nestroy (je 10). Immerhin: In der Summe haben die Modernen Klassiker einen erheblichen Anteil am Spielplan ausgemacht, der in seiner Modernität bei dem teilweise konservativen Publikum durchaus auch anzuecken wusste.

Für George Gershwins Musical „Porgy & Bess“ warb man 1970 – damals noch politisch korrekt – mit „Negersolisten, Chor und Ballett“, und in den Jahren darauf schauten schon einmal Costa Cordalis, Reinhard Mey, Luis Trenker oder Bibi Johns in der Stadthalle vorbei: Auch das Ausdruck des „Anschlusses an die Welt!“

Über 650 Theateraufführungen sind in den 60 Jahren seit ihrer Eröffnung über die Bühne der Stadthalle gegangen, dazu unzählige weitere Veranstaltungen. Abgesehen von einzelnen kleinen Veränderungen, etwa einer vergrößerten Hinterbühne, neuer Bestuhlung oder dem später angebauten Foyer, ist sie in ihrer Grundstruktur nahezu unverändert: Ausweis einer weitsichtigen, funktionalen Planung, mit der die Stadt den Grundstein legte für ein bis heute florierendes Kulturleben. Und auch wenn das Theater heute nicht mehr den Stellenwert hat wie in den 1960er Jahren und heftiger Konkurrenz durch Fernsehen, Internet, Kino, Comedy und sonstiger Event-Kultur ausgesetzt ist, gilt nach wie vor, was das Programmheft 1962 postuliert: Theater ist nicht nur sinnlich-ästhetisch-emotionales Erlebnis, sondern auch mentales Vergnügen, das den Horizont weitet. Bewegender, anregender und unterhaltsamer kann der „Anschluss an die Welt“ bis heute nicht sein!


Vorverkaufsstellen/Information

Foto: Joachim Hiltmann
Foto: Joachim Hiltmann

Informationen zu allen Veranstaltungen sowie Abonnements erhalten Sie beim städtischen Kulturamt.

Die Preise liegen zwischen 18 und 26 Euro bei Abonnementsaufführungen; bei Sondergastspielen je nach Aufführung.
Ermäßigungen für Schüler und Schulklassen.
Tickets im Vorverkauf sind erhältlich
im Bürgerbüro der Stadt Bad Saulgau
bei der Tourist-Information am Marktplatz

sowie online unter www.reservix.de

 

AndreasRuess

Kaiserstraße 2
88348 Bad Saulgau
07581 207-160
07581 207-863
E-Mail

Öffnungszeiten Rathaus

Montag
08:00 - 12:15 Uhr
Dienstag
08:00 - 12:15 Uhr
14:00 - 17:00 Uhr
Mittwoch
08:00 - 12:15 Uhr
Donnerstag
08:00 - 12:15 Uhr
14:00 - 17:00 Uhr
Freitag
08:00 - 12:15 Uhr

Öffnungszeiten Bürgerbüro

Noch mehr Sprechzeiten bietet das städtische Bürgerbüro an.

Öffnungszeiten Bürgerbüro

Logo der Stadt Bad Saulgau

Stadtverwaltung Bad Saulgau
Oberamteistraße 11
88348 Bad Saulgau

Telefon 07581 207 - 0
Schreiben Sie uns eine E-MAIL

 
 
 

FOLGT UNS FÜR NOCH MEHR NEWS!

 
 

Datenschutzhinweis

Diese Webseite nutzt externe Komponenten, wie z.B. Karten, Videos oder Analysewerkzeuge, welche alle dazu genutzt werden können, Daten über Ihr Verhalten zu sammeln. Dabei werden von den externen Komponenten ggf. auch Cookies gesetzt. Die Einwilligung zur Nutzung der Komponenten können Sie jederzeit widerrufen. Eine Übersicht der externen Komponenten und weitere Informationen dazu erhalten Sie in unseren Datenschutzinformationen.

Notwendige Cookies werden immer geladen